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100 bewegte Jahre …

. . .  und Lebenserinnerungen die von der Nachkriegszeit geprägt sind

 

 

 

 

 

Mutter (100) und Tochter (73) auf ein Gläschen ...

Mutter (100) und Tochter (73) auf ein Gläschen …

 

 

Nach mehrmaligen Klingeln öffnet mir die 100-Jährige Maria Liedauer im Domus Mea Seniorenzentrum in Bayerisch Gmain die Tür. „Entschuldigen Sie, ich höre nicht mehr gut und sehen tue ich auch sehr schlecht“, sagt sie, und bittet mich in das Zimmer, schiebt ihren Rollator in Richtung Bett. „Sie müssen mit mir laut, langsam und deutlich sprechen“, informiert sie mit einem deutlichen Salzburger Akzent, und wir nehmen an einer kleinen Sitzgruppe Platz.

 

 

 

 

 

Bürgermeister Hans Hawlitschek gratuliert

Bürgermeister Hans Hawlitschek gratuliert

 

 

Sie erzählt von ihrem Tagesablauf, der ihr bereits beim Aufstehen einige Mühe bereitet. „Ich kann die Uhr vom Bett aus nicht mehr richtig ablesen und das macht mich unruhig.“ Tägliche Abwechslung bereiten ihr die Mahlzeiten, die sie immer im Speisesaal einnimmt und hier auch Ansprache hat. Gearbeitet wird aber auch in der Ergotherapie, mit Gedächtnistraining und Spaziergängen um der schleichenden Demenz entgegenzuwirken. Auch Vorlesungen in der Bibliothek sind fester Bestandteil im Wochenprogramm von Maria Liedauer.

 

 

 

 

 

Draga Matkovic (103) spielt einen Tusch

Draga Matkovic (103) spielt einen Tusch

 

 

Zwischendurch betet sie viel und das hilft ihr immer wieder weiter, erzählt sie mir später. Auf die Frage nach ihrer Lebensgeschichte geht sie weit, bis in die Kindheit zurück. Die letzten fünfzig Jahre scheint sie fast ausgeblendet zu haben, eine typische ‚Alterserscheinung’, die meist mit Demenz einhergeht. Doch was sie erzählt böte genügend Stoff für einen packenden Krimi.

Geboren ist sie in Bad Reichenhall, wo ihre Eltern, Maria und Fritz Gollackner, einen kleinen Steinmetzbetrieb führten. Sie ging auch zur Schule, doch im Alter von zehn Jahren zogen ihre Eltern nach Salzburg, wo ihr Vater seinem Bruder im Betrieb half, der ebenfalls einen Steinmetzbetrieb führte. „Ich wäre gerne in Bad Reichenhall geblieben, bei der Großmutter, doch ich musste mit, mein Vater brauchte mich zum Arbeiten. Auch der Bruder musste mit zehn Jahren schon ganz schwer und hart arbeiten,“ sinniert sie. Schule, Freizeit und Spaß gab es damals nicht. Nur Arbeit, immer nur schwere Arbeit.“ Später wurde dem Vater die körperliche Arbeit zu viel und er übernahm einen kleinen Kramerladen. „Der war zugig, im Winter eiskalt und Vater verstarb nach einer schweren Erkältung.“ Maria selbst schaffte es über zwei Betriebe hinweg ihre Ausbildung zu machen. „Den wöchentlichen Schulbesuch gestattete man mir nur äußerst ungern und auch gab man mir deutlich zu verstehen, dass man sich eigentlich gar keinen Lehrling leisten könne“, erzählt sie.

 

Nach ihrer Lehre hat sie geheiratet, aber nicht viel Glück mit ihrem Mann gehabt. „Er war zwar ein lieber Mann, hatte wenig, und lebte ständig unter Angst, unter Verfolgung. Fünf Jahre war er beim Militär, später bei der Polizei, und ein enger Bekannter nutze ihn aus, setzte ihm schwer zu, setzte ihn immer mehr unter Druck. Er wusste sich schließlich nicht mehr zu helfen und flüchtete bis nach Düsseldorf, taucht unter und arbeitete in einer Fabrik. Keiner wusste was war, nur sein Bruder, der aber verriet niemanden etwas, nicht einmal mir, seiner Frau.“ Aus der Ehe ging eine Tochter hervor, die heute selbst 73 Jahre alt ist und für Maria die einzig verbliebene Angehörige ist.

 

Selbst habe sie sich damals als Aushilfe durch die Zeit gebracht und viel in der Familie mitgeholfen. „Ich lebte mit meiner Tochter bei Mutter und wir hatten einen großen Haushalt zu versorgen.“ Und immer wieder erzählt sie von ihrem Mann, von der schweren Zeit und der Todesangst, an der er unter den Kriegsfolgen litt. Ihre Wohnung in Salzburg habe sie zeitweise vermietet und selbst war sie in der Zeit dann bei Bekannten untergekommen. „Ich hatte nie viel im Leben, doch bin ich durch die Zeit gekommen. Heute wünsche ich mir, dass die Gesundheit hält und ich schmerzfrei bleibe.“

 

Der 100-Jährige Geburtstag wurde im Domus-Mea Seniorenzentrum groß gefeiert. Bürgermeister Hans Hawlitschek überbrachte Glückwünsche vom Ministerpräsidenten Horst Seehofer und überreichte in seinem Namen eine silberne Ehrennadel. Brieflich gratulierten Bundeskanzlerin Dr. Angelika Merkel, Bundespräsident Christian Wulf und der Bürgermeister der Stadt Salzburg, Dr. Heinz Schaden.

 

Ihre Zeitgefährtin, Draga Matkovic (103) spielte am Klavier einen großen Tusch und die Gäste sangen ein Ständchen zu Ehren von Maria Liedauer. Zu den Gratulanten zählten natürlich Martina und Joachim Merkel, sowie Peter Michalik, Geschäftsführer des Seniorenzentrums.  Der hatte eine Gruppe Jugendliche organisiert, die auf Einrädern ihr Können demonstrierten und für Kurzweil sorgten.

 

Bilder von der Geburtstagsfeier von Frau Maria Liedauer (Bayerisch Gmain, 2011)

Fotos (Gerd Spranger © DOMUS MEA):

 

Joachim und Martina Merkel begrüßen die Festgäste und Geschäftsführer der Senioreneinrichtung, Peter Michalik, organisierte eine große Geburtstagsparty im Blauen Salon. Gratulationen gab es von der Bundeskanzlerin bis hin zum Bundespräsidenten. Selbst der Salzburger Bürgermeister wünschte Maria Liedauer noch viele glückliche und gesunde Tage.

 

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