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Noch funktioniert der Sozialstaat

Das gute am Sozialstaat ist seine Funktion bis heute, denn noch funktioniert er, noch greifen die von den Vätern geschaffenen Mechanismen für einen sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft. Noch, doch die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen des letzten Jahrzehnts haben dagegen gearbeitet. Fast nostalgisch mutet der Satz des einstigen Bundesarbeitsministers Norbert Blüm aus dem Jahr 1986 an, der vor allem das Deutsche Rentensystem das Prädikat „Die Rente ist sicher“, verlieh. Er vergaß dabei nur die Höhe der Leistungen zu benennen.


Umso mehr beschäftigt sich die heutige Politiker-Generation damit, was ein großer Verdienst von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen ist. Was lange in gekonnter politischer Manier schön geredet, ja verdrängt wurde, zeigt heute seine hässliche Fratze. Schon 2008 war es ausgerechnet Norbert Blüm, der auf die Mängel des Systems verwies: „Bundesbürger mit sehr kleinen Einkommen werden durch die Riester-Rente im Alter noch tiefer in die Armut getrieben. Die Lage der Ärmeren wird durch die Riester-Rente nicht nur nicht verbessert, sondern sogar verschlechtert“, schrieb Blüm in der Zeit. Und gerade sie wurde doch als innovatives Zukunftskonzept gehandelt. Versicherungen und Banken haben sich gleichermaßen die Hände gerieben. „Wir senken die Rente ab und die Leute sorgen selbst vor“, war das Kalkül. Nebenbei hat man der Finanzbranche auch  noch geholfen.


Und auch der neue Vorstoß von der Bundesarbeitsministerin steht auf tönernen Füßen. Der Sozialverband VdK kritisiert die gesetzten Bedingungen, die für eine Zuschussrente  eine 35 Jahre dauernde Erwerbsbiographie vorsieht. Aber Menschen, die bei der Rente in Richtung Grundsicherung kommen, haben Erwerbsbrüche“, so der Vizepräsident des VDK, Roland Sing. Das Problem werde einmal mehr auf die nächsten Jahre verschoben, dann wenn Ursula von der Leyen längst ihre hohen Pensionsansprüche bezieht.


Die Betroffenen bleiben einmal mehr außen vor. Die großartigen politischen Versprechen, bei monatelangem Gezänk in den Parteigräben, werden zur Makulatur. Roland Sing meint: „In 15 bis 20 Jahren ist Altersarmut so offenkundig, dass etwas passieren muss“. Die Frage ist nur was passieren wird. Werden bettelnde Senioren dann zum täglichen Straßenbild oder denkt man eher an die Variante wegsperren bei Wasser und Brot?


Die politisch geschnürten Mogelpakete der letzten zehn Jahre werden heute durchsichtig. Mini- und 400-Euro-Jobs sind nicht zukunftsfähig, verbauen den Jobbern die Zukunft, garantieren Altersarmut. Würde man aber jene der Arbeitslosenstatistik aufaddieren, ergäbe sich ein erschreckendes Bild der so gelobten deutschen Volkswirtschaft. Ein positives Signal setzt jener Aufruf des Bündnisses Umfairteilen mit einem bundesweiten Aktionstag am 29. September. Es fordert eine stärkere Besteuerung großer Vermögen zur Finanzierung des Sozialstaats. /gsp /

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